Die Bedeutung von Ernährung und das Mikrobiom für die Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen

Im menschlichen Körper leben 10-100 Trillionen Bakterienzellen; im Vergleich zu den eigenen Körperzellen ist dies eine Überbevölkerung. Dabei finden sich über 500 verschiedene Arten. Im Darm leben dabei die meisten Bakterien. Diese haben Einfluss auf die Verdauung, das Immunsystem, aber auch auf Neurotransmitter oder Wachstumsfaktoren. So können Sie auch an Krankheitsprozessen beteiligt sein. Dabei zeigt sich die Bakterienzusammensetzung im Laufe eines Lebens als recht stabil, nachdem sie sich bis zum 3. Lebensjahr eingestellt hat. Eine plötzliche Ernährungsumstellung kann diese Zusammensetzung zwar kurzzeitig ändern, aber der Ursprungszustand stellt sich wieder ein, sobald man wieder normal isst. Dabei weiß man heute noch nicht, welche Art von Bakterienzusammensetzung gesund und gut ist. Aber eine Abnahme der Vielfalt kann mit Erkrankungen zusammenhängen. Die Stuhlproben bei der TREND-Studie werden bei unserem Kooperationspartner in Finnland analysiert. Die Ergebnisse aus der 4. Erhebungsrunde konnten 2020 in der Fachzeitschrift „Annals of Neurology“ veröffentlicht werden. Häufig fanden sich bei den TREND-Teilnehmern Bakterien aus der Abteilung der Bacteroides. Zahlreiche Bakterienstämme sind in Abhängigkeit von Risikomarkern für die Parkinson-Erkrankung in unterschiedlicher Anzahl zu finden. Allerdings erklärt das Vorliegen dieser Risikofaktoren nur einen kleinen Teil (ca. 8%) der bakteriellen Vielfalt zwischen den einzelnen Menschen. Die Bakteriengattung Prevotella steht beispielsweise in Zusammenhang mit Verstopfung und motorischen Problemen. Dieses könnte auf eine unterschwellige Parkinson-Erkrankung hindeuten. Es passt mit dem Fakt zusammen, dass Prevotella bei Parkinson-Patienten seltener vorkommt. Aber dies allein ist nicht dafür geeignet, Prognosen zu erstellen, zeigt jedoch den komplexen Zusammenhang der Darmflora mit der neurodegenerativen Erkrankung Parkinson. Um diesen Effekt weiter zu erforschen, werden momentan in der 6. Erhebungsrunde wieder Stuhlproben eingesammelt. Dies kann uns auch helfen, in Zukunft individuelle Änderungen besser zu verstehen. Die Forschung steht hierbei noch am Anfang.

 

Im Rahmen der TREND-Studie wird seit 2019 zusätzlich ein detaillierter Fragebogen zu Ernährung und physischer Aktivität erhoben (EPIC-Fragebogen). Im Mittelpunkt steht dabei die Untersuchung des Einflusses der Ernährung und der im Darm lebenden Bakterien auf die Entwicklung neurodegenerativer Erkrankungen wie der Parkinson- oder Alzheimer-Erkrankung. Wissenschaftliche Arbeiten zeigen zunehmend, dass der Einfluss der Ernährung auf neurodegenerative Erkrankungen eine sehr wichtige Rolle spielt. So wurden in vorangegangenen Studien Zusammenhänge zwischen der Aufnahme verschiedener Nährstoffe wie zum Beispiel Fetten, Kohlenhydraten, Eiweißen, Vitaminen oder Alkohol mit der Geschwindigkeit der Entwicklung von Bewegungsstörungen beobachtet. Andererseits hat die Ernährung einen starken Einfluss auf die Zusammensetzung und Aktivität der im Darm lebenden Bakterien. Wie oben schon beschrieben, konnten wissenschaftliche Arbeiten in den letzten Jahren den Zusammenhang belegen, dass diese Bakterienbesiedlung im Darm über die sogenannte Darm-Hirn-Achse eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von neurodegenerativen Erkrankungen spielt. Diese Schlüsselrolle beinhaltet vor allem die Produktion von für das Gehirn wichtigen Stoffwechselprodukten durch diese Bakterien, die sich mit dem Alter abschwächt. So sollen die in TREND gewonnenen Mikrobiom-Daten aus den Stuhlproben mit den Ernährungsfragebogen zusammengebracht werden. Wir wollen besser verstehen, welche Stoffwechselprodukte des Mikrobioms einen besonders starken Einfluss auf die Entwicklung neurodegenerativer Erkrankungen haben. Diese Erkenntnisse können dann wiederum genutzt werden, um für Patienten maßgeschneiderte Ernährungstherapien zu entwickeln, die die Entstehung derartiger Erkrankungen verlangsamen oder sogar aufhalten können. Langfristig könnten individuelle Empfehlungen schon in jüngeren Jahren ausgegeben werden, um das Risiko einer Erkrankung zu vermindern.